Guten Abend Savannah,
Ihre Frage ist sehr interessant und zeugt von Engagement und Ihrer Bereitschaft, Verantwortung für die eigene Ausbildung zu übernehmen. Sie zeigt aber auch auf, dass die Praxisanleitung insgesamt immer noch nicht richtig rund läuft, ja häufig noch, so wohl auch in Ihrem Fall, wirklich misslich ist. Umso mehr ist es wichtig, dieses Thema immer wieder gemeinsam anzugehen und ich finde es sehr gut, dass Sie dies auch so ähnlich sehen und deswegen Ihre nachvollziehbare Unzufriedenheit äußern (und wenn ich aus dem Urlaub zurück bin, werde ich mich, werden wir uns als Schule um Ihre konkrete Lage kümmern).
Die Situation auf den Stationen ist, wie wir alle wissen, häufig sehr angespannt (Stichwort Personalmangel). Aber zusätzlich vergessen leider wohl immer wieder verschiedene KollegInnen PraxisanleiterInnen wie auch andere KollegInnen, dass die Praxisanleitung für eine gute Ausbildung eine unabdingbare Sache ist. Die Praxisanleitung ist quasi das Herzstück der praktischen Ausbildung und kann in ihrer Einschätzung/Bedeutung nicht hoch genug angesiedelt werden. Außerdem profitieren alle davon, wenn wir möglichst viel in SchülerInnen „investieren“ und damit zum Schluss gut ausgebildete, kompetente zukünftige KollegInnen bekommen. Und am Rande: dies rechnet sich, gerade auch in ökonomisch schwierigen Zeiten…
Zudem ist die Praxisanleitung tatsächlich immer auch eine Aufgabe der gesamten Station. Das von Ihnen erwähnte
Handbuch für Praxisanleitung* schreibt auch ganz klipp und klar:
„Alle examinierten Pflegekräfte können und sollen Anleitung gestalten! Ausbildung der Schüler ist eine verpflichtende Aufgabe für alle examinierten Pflegekräfte, dies ist auch in der Stellenbeschreibung zu finden. Jeder hat also eine dienstliche Verpflichtung, an der Schüleranleitung mitzuwirken.“ (Einleitung, S. 1)
Ihre Fragestellung würde in der logischen Schlussfolgerung bedeuten, dass wenn nachweislich keine Praxisanleitung durchgeführt würde, dem Schüler oder der Schülerin ersatzweise Studienzeit eingeräumt bekäme, und zwar im gleichen Maße. Im Extremfall wären dies in etwa eine betriebsübliche Schicht von 7,7 Stunden alle zwei Wochen (in Anlehnung an den Erlass des Hessischen Sozialministeriums zum Thema Praxisanleitung und Praxisbegleitung in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung vom 17.9.2007 – siehe
http://www.pflegesoft.de/forum/index.php/topic,338.0.html). Ein aufmerksames Team, eine entsprechende Stationsleitung würde schon bald den persönlichen Einsatz der Auszubildenden als (Arbeits-)Verlust bemerken und bei der Pflegedirektion dagegen intervenieren, denn die manpower des Schülers, der Schülerin würde entsprechend alle vierzehn Tage einen Tag ausfallen.
Ihre Idee ist bemerkenswert (geradezu pfiffig
, und auch in der von Ihnen geschilderten Lage nachvollziehbar), aber ich bin der Meinung, dass dies eine sehr defensive Herangehensweise ist und eher nicht zu Verbesserungen führt. Vielmehr sollte man, ähnlich wie von Ikarus oben beschrieben, offensiv mit diesen Mängeln umgehen. Die Praxisanleitung ist ein absolutes Muss, ist nicht diskutabel und darf auch nicht verwässert oder nur mangelhaft durchgeführt werden. Sie haben, wie alle anderen TeilnehmerInnen der Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpflegeausbildung in Hessen auch, ein Recht auf angemessene Praxisanleitung. Ich werde Sie da entsprechend unterstützen.
Und grundsätzlich sollte die Gesellschaft sich darüber (endlich) verständigen, was ihr gute Pflege und damit eine gute Pflegeausbildung wert ist.
Dies nun als erste Antwort von mir auf Ihren Beitrag. Ich hoffe, dass sich das Thema Praxisanleitung grundsätzlich und auch bei Ihnen konkret verbessert und wünsche Ihnen auch schon jetzt einen guten Rutsch ins neue Jahr 2012!
Herzliche Grüße!
Thomas Beßen
* hier im Netz zu finden:
http://grid.bb-trier.de/bb_bonn/einrichtungen/Ausbildung/Seiten/Handbuch-zur-Praxisanleitung.pdf - und sehr lesenswert!